Meine Musterkinder zur KiTa-Anmeldung

Yeah yeah yeah!!! Wir sind zur Anmeldung in der KiTa unterwegs! Unendlich viele Schritte dazu liegen hinter uns. Meine Tochter ist völligst aus dem Häuschen. Ich erkläre ihr auf dem Weg, dass wir jetzt aber erstmal nur zur Anmeldung gehen und die KiTa dann leider wieder verlassen müssen, um ein anderes Mal, dann richtig zu kommen und zu bleiben. Außerdem erkläre ich ihr, wie man sich als Musterkind verhält. Brav sein, still sitzen, kurz mal leise sein, „Bitte“ und „Danke“ sagen. Sie nickt geflissentlich, will unbedingt kooperieren, weil sie unbedingt in die KiTa möchte. Den einjährigen Sohnemann schließe ich in die Erklärungen mit ein. Er ist aber schon so müde, das Vormittagsschläfchen ruft, er wird vermutlich sowieso schön in der Trage am Bauch von mir einschlafen.

So der Plan.Aufgeregt stapfen wir drei pünktlich zum Büro der KiTa-Leitung.

Wir warten kurz vor der Tür, ich zwinkere meiner Tochter nochmals zu. Sie strahlt. Wir sind wirklich absolut glücklich. Auf dem Tisch liegen bereits zwei schicke Mappen mit jeder Menge Informationen bereit, die Verträge muss ich mit Namen, Geburtsdaten, Handynummern usw. noch ausfüllen. Meine Tochter sitzt artig auf dem Stuhl. Ein bisschen Smalltalk… „Sie werden v.a. froh sein, mal wieder eine Sache anzufangen und zu Ende bringen zu können.“ – „Überhaupt einen Gedanken zu Ende denken zu können, ja da haben Sie recht.“ So weise von ihr.

Ich schreibe mir bei unseren unzähligen entsetzlich langen Namen (wer kam nur auf diese beknackte Idee und dann noch die vielen Vornamen ts ts tss? Ich etwa?) die Finger wund. Handynummern? Mein Hirn ist taub vom Schlafentzug, bin froh, wenn ich meiner Tochter das Zählen richtig beibringen kann. Wer weiß da noch Handynummern? Sohn beginnt zu zappeln, hey Du solltest doch schlafen. Tochter möchte jetzt etwas trinken. Nein nicht aus unserer Flasche, sondern Sprudel vom Tisch. Sagt weder „Bitte“ noch „Danke“. Wie sagt man da l i e b e s Kind??? Wiederhole ich dreimal. Nichts. Die Blätter mit meinen Notizen werden unordentlicher, mein Kampfboxersohn stemmt sich mit voller Kraft gegen meinen Brustkorb, will keinen Schnuller, will keine Trinkflasche. Schnell eine Fruchtquetsche suchen, normalerweise schläft er nach einem kleinen Snack ein. Ich setze die Fruchtquetsche an seinen mittlerweile brüllenden Mund… leider, leider keine Beruhigung gefolgt von Schlaf.

Nein, wir zerstören langsam aber sicher das Büro der KiTa-Leiterin.

Die Fruchtquetsche wird mit voller Wucht gegen mich gehauen, orangener Brei spritzt auf mich, das Kind, den Boden. Die Räubertochter flitzt schon quer durchs Büro, sucht Spielsachen, findet etwas und quasselt in einer Tour lautstark irgendein Zeug. Der Boxersohn ist nicht mehr zu bremsen, komplett übermüdet, keine Lust auf gar nichts, schreit er das gesamte Gebäude zusammen. Ich sage noch: „Entschuldigen Sie, ich wollte Ihnen hier wirklich Musterkinder präsentieren.“ Sie sagt etwas, durch das Gebrüll dringt kein Informationsgehalt zu meinen Ohren geschweige denn zu meinem Hirn. Sie hält mir verschiedene Unterlagen hoch „…das dann in Ruhe lesen…“, „…das mitbringen…“. Ich versuche mir alles zu merken, die orangene Pampe unauffällig wegzuwischen. Sie reicht mir ein Taschentuch, dieses aufmerksame Wesen. Die Handynummer meines Mannes? Ne, geht jetzt irgendwie nicht. Malea habe ich nicht mehr im Auge. Ich sitze schon lange nicht mehr, sondern tänzele wippend mit kreischendem Gepäck durchs Zimmer. Die Abenteurerin taucht an meinem Bein auf, hält mir eine offene Süßigkeitentüte hin. Wo hat sie das denn jetzt her. Aus dem Regal der KiTa-Leitung geklaut.

Lakritz.

Sie darf etwas essen, mit der Prophezeihung, dass es ihr nicht schmeckt. Sie soll es dann dort in den Mülleimer spucken. Malea isst. Es schmeckt ihr. Sie behält es im Mund, kaut. Steckt sich die Hände in den Mund. Hände werden klebrig-saftig. Milan schreit immer noch, kriegt vor lauter Gebrüll keine Luft mehr. Mein Hirn meldet sich: Hat sie die Verträge jetzt unterschrieben? Habe ich ein unterschriebenes Exemplar? Um Himmels Willen bitte bitte bitte. Die Kinder sind nicht immer so, wirklich, ehrlich, versprochen. Gut manchmal. Naja, wenn sie müde sind, hungrig, geschafft vom Tag oder eine Phase ist. Oder, nein, wirklich nur sehr, sehr, sehr selten. Malea fällt die Lakritze aus dem Mund. Um sie anschließend mit „ich habe Hunger“ kommentierend, vom klebrig-saftigen Boden schleunigst wieder aufzusammeln und sich in den Mund zu stecken. „Ich habe Hunger“ mampft sie.

Wo ist das Loch im Boden zum Reinspringen? (Und am Besten ein zweites für meinen brüllenden Sohn, den kann ich da nicht mitnehmen, mir platzen sonst die Trommelfelle)

Nicht alles, dass ich in einen enormen Lachanfall über diese verrückte Situation ausbreche. Ich merke bereits wie mich ein irres Kichern unter den Augen und den Wangen kitzelt.

Mit zwei Kindern, zwei Mappen und einem Rucksack verlasse ich das Büro. Im Treppenhaus beendet Sohnemann prompt seinen Wutanfall, Malea stapft an meiner Hand artig neben mir her. Rasch blättere ich in den Mappen. Ja, tatsächlich, ich habe zwei unterschriebene Verträge. Sie haben es sich nach diesem Einstieg nicht anders überlegt. Sie hat mir geholfen, eine Sache zu Ende zu bringen. Ich bin so unendlich dankbar.

 

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14 Gedanken zu “Meine Musterkinder zur KiTa-Anmeldung

    1. Mach Dir nix draus. Andere kids sind genau solche Teufel. Und die Leute aus der Kita werden 1. dafür bezahlt und 2. haben die sich den Job selbst ausgesucht, da stand keiner mit der Peitsche dahinter.

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  1. Köstlich!
    Aber genau so ist es. Später, wenn Deine Kinder sehr viel selbstständiger sind, wirst Du wahrscheinlich überall diese Situationen herzlich lachen.

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  2. Irgendwie werden sie alle erwachsen und machen solche Sachen nicht mehr oder hast Du schon mal von einem Bewerbungsgespräch gehört, das so gelaufen ist?

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  3. ach maja, hast du was anderes erwartert? 😀 aber das sind die gewöhnt. kinder sind satansbraten. gestern haben wir unsere aus der kita abgeholt und ein fremder, 5 jähriger junge hat meinem mann mal ohne vorwarnung einfach so in die kronjuwelen getreten. ?!? nein, entschuldigt hat er sich danach nicht. nur irre gekichert.

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  4. Hahaha, unsere Anmedung war nicht besser…
    Emelie war damals 4 Monaten alt und hat geheult oder bei mir auf der Brust gehängt:)
    Erik wollte überhaupt nicht ruhig sitzen und hat rumgezappelt, eine Stapel Papiere auf dem Boden verteilt, dann abgehauen und angefangen im Kindergarten zu spielen…
    In 10 Minuten Gebrüll, das war natürlich mein Kind. Alle Kinder dürften in den Garten spielen gehen und er nicht…
    Naja, so sind die Kinder:)

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