Mutteralltag

Na der Morgen fängt ja super an: Strafzettel bekommen, weil dienstags zwischen 8 und 10 Uhr die Straßenreinigung kommt und mit ihrem Auto die Straße langbraust. Auf der anderen Straßenseite ist es freitags, in der nächsten Straße donnerstags, in einer anderen Straße steht gar kein Schild. Da soll mal mein gemartertes Hirn mit Schlafentzug und großstädtischem Parkplatzmangel durchblicken. Ich höre das Putzauto noch kommen, fliege mit den Kindern im Schlafanzug auf die Straße. Wir müssen ja nur die Wohnzimmertür aufmachen und dann stehen wir schon auf der Kreuzung. Wir rennen. Zu spät. 68$. Autsch. Wieder zurück an der Kreuzung vor unserer Wohnzimmertür. Malea  und ich führen eine lautstarke (brüllende) Diskussion, dass wir doch jetzt bitte rein gehen und nicht im pink gekringelten (absolut schrecklichen) Schlafanzug auf der Straße stehen bleiben (aus meiner Schlafanzugshose habe ich bereits ein Quadrat rausgeschnitten, um die Babypuppe zu flicken – Zustände sind das!). Mit diesem deutschen Gebrüll ziehen wir die Aufmerksamkeit der friedlichen amerikanischen Passanten auf uns. Ich knalle die Tür zu, brülle weiter. Die friedlichen amerikanischen Passanten schauen entsetzt in unser Wohnzimmerfenster rein. Jaahaa, was denn?!!! Dieser Terrorknüppel übt schon für Stanford. Seht ihr doch. (In Deutschland wird sie sofort in einen Fußballverein gesteckt, zu den Pfadfindern oder sonst irgendwohin, weit weg von mir.) Nachdem ich mich und Malea mit einem innerlichen Ooohm beruhigt habe, denke ich an Milan und Reiner. Die armen Knautschbälle zwischen uns. Was kommt da bloß noch alles auf die zu? Ist klar, dass Reiner und Milan die Jedi und Malea und ich die Sith in unserer Familie sind.

Im Prinzip sind wir ja eh schon unterwegs, also umziehen, schnelles Essen packen und los zu Story Tales. Hier in der Bibliothek eine englisch-spanische Bücher-Singkreis-Runde. Die Kinder sollen ja soviel wie möglich Sprache mitbekommen. Ganz ehrlich: Ich hab eigentlich keinen Bock. In physiologisch völligst deformierter Position auf dem Boden hocken, singen und sich für alle Kinder, insbesondere die eigenen, zum Affen machen. Mit eingeschlafenen Füßen zum Buggy torkeln und den nur noch lauen Kaffee aus dem Thermobecher trinken, der dort im Buggy geblieben war, weil für den gab´s einfach keine freie Hand mehr. All das wissend, habe ich ja Kinder gemacht und renne auch heute wieder los, um pünktlich zur physiologisch deformierten Sitzsituation zu kommen. Ich komme pünktlich! Fünf Minuten früher sogar! Alle Tickets sind schon ausgeteilt. Waaaas? Der Singkreis hat eine bestimmte Teilnehmergrenze. Aha. Da lobe ich mir doch das chaotische Oakland mitsamt großartiger Michelle die zu Spitzenzeiten über 50 (!!!!) Kinder im Griff hat. Alle singen beim Storytelling gestikulierend mit und hören den Büchern gespannt zu. Da ist jeder willkommen und darf das Chaos vergrößern. Gut, andere Regeln hier in San Francisco. Malea ist tief traurig. Ich heule gleich mit: Strafzettel, Berge hoch und runter, trotz Pünktlichkeit unpünktlich sein. „Piiiielplatz?“ Ja, wir gehen zum Spielplatz. Die Sonne scheint, wir dackeln den Berg hoch zu unserem Lieblingsspielplatz mit Blick nach Oakland, die Bucht, ganz San Francisco, mit Rutschen, Schaukeln, Wippen, Sandkasten, Klettergerüst und alles in der Sonne. Nach gefühlten Stunden mit dem Roller, dem Buggy und beiden Kindern angekommen: Ohhhoooooo, wer hätte das gedacht?! Da haben sich doch tatsächlich einige amerikanische Mütter samt Kindern ins Freie getraut. Die Sonne scheint ja auch. Wir sind nicht allein auf dem Spielplatz, ich darf englisch und nicht spanisch üben, wir können unser Glück kaum fassen.
(Ich muss zugeben, es sind alles irgendwo freaks, aber egal! Ich bin ja auch irgendwie komisch. Sie sprechen mit mir, ich stelle offensichtlich die richtigen Fragen und bekomme klasse Informationen. Yeah, yeah, yeah, happy, happy, happy!)

 

5 Gedanken zu “Mutteralltag

  1. Boah, das ist aber ein heftig teurer Strafzettel. An Maleas Stelle hätte ich auch geheult. Sie hat nämlich besimmt ( als zukünftige Stanford Studentin) blitzschnell errechnet wieviel Süßigkeiten oder Spielzeug man für die 68$ hätte kaufen können. Also sucht euch bitte das nächste mal eine Wohnung mit Garage 😂😂😂

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